Strukturierte Mammadiagnostik-Fortbildung

Mehr internationale Präsenz und die Förderung mammadiagnostischen Nachwuchses stehen ganz oben auf der Agenda: Im Interview spricht PD Dr. Eva Maria Fallenberg, Vorsitzende der AG Mammadiagnostik für die Amtsperiode 2018-2020, über ihre Ziele sowie die künftigen Herausforderungen für die Mammaradiologie.

Frau Dr. Fallenberg, 2018 sind Sie zur Vorsitzenden der AG Mammadiagnostik gewählt worden. Weshalb engagieren Sie sich in der AG und welche Ziele haben Sie sich für Ihre Amtszeit gesetzt?

Vorsitzende der AG Mammadiagnostik, Klinikum der Universität MünchenPD Dr. Eva Maria Fallenberg, Vorsitzende der AG Mammadiagnostik, Klinikum der Universität MünchenSeit Beendigung meiner Facharztzeit im Jahre 2004 bin ich in erster Linie in der Mammadiagnostik aktiv. Initial startete dies mit der Installation des Referenzzentrums für Mammografie-Screening in Münster. Danach führte mich mein Weg als Oberärztin mit Verantwortung für die Mammadiagnostik an die Charité in Berlin. Von dort aus habe ich mich seit 2012 für den Aufbau des European Diploma of Breast Imaging der EUSOBI, kurz EDBI, vor allem international engagiert. Ich habe in der EUSOBI eine sehr erfrischende, offene Mischung aus erfahrenen und jüngeren, kreativen Mammadiagnostikern erlebt, die gemeinsam jede Menge neue Ideen entwickelt haben. Aus meiner Sicht sind in Deutschland innovative, in die Zukunft gerichtete Ansätze, die auch eine Offenheit für die Wünsche und Bedürfnisse der jungen Generation beinhalten, teilweise ein wenig zu kurz gekommen. Beispielsweise fehlt hierzulande bisher eine strukturierte mammadiagnostische Fortbildung, wie etwa die Kurse der EUSOBI zu Ultraschall, MRT und Mammografie mit anschließender Diplomprüfung. Die internationale wissenschaftliche Sichtbarkeit Deutschlands war bislang – bis auf wenige Ausnahmen – eher mäßig. In letzter Zeit kristallisierte sich aber heraus, dass wir eine zunehmende Zahl junger engagierter Mammadiagostikerinnen und -diagnostiker haben, die – motiviert durch Fellowships der EUSOBI oder ESOR – zunehmend wissenschaftlich aktiv sind. Ein Generationenwechsel ist uns im Jahr 2018 auch im Vorstand der AG Mammadiagnostik gelungen. Prof. Dr. Katja Siegmann-Lutz und Prof. Dr. Evelyn Wenkel gehören zu der etwas jüngeren Generation. Prof. Dr. Walter Heindel und Prof. Dr. Markus Müller-Schimpfle und ich stellen das Bindeglied zum vorherigen Vorstand dar. Mit Unterstützung des gesamten Vorstandes sind meine Ziele eine verbesserte strukturierte Ausbildung in der Mammadiagnostik in Deutschland, die Förderung des mammadiagnostischen Nachwuchses auf klinischer und wissenschaftlicher Ebene und die Verbesserung der Sichtbarkeit der deutschen Mammaradiologie auf internationaler Bühne.

Inwieweit haben in der Vergangenheit Mitglieder der AG aktiv an interdisziplinären und internationalen senologischen Kongressen mitgewirkt?

Sowohl auf nationalen wie auf internationalen Kongressen waren Mitglieder der AG Mammadiagnostik in zunehmender Zahl aktiv wie organisatorisch beteiligt. Besonders hervorheben möchte ich die Goldmedaille, mit der Prof. Dr. Christiane Kuhl für ihr Lebenswerk auf dem Gebiet der Forschung in der Mammadiagnostik auf dem EUSOBI-Kongress in Athen ausgezeichnet wurde.
Des Weiteren gewann PD Dr. Matthias Dietzel den Carla Boetes Young Investigator Award 2018 für seine Forschung im mammadiagnostischen Bereich. Das Paper „Breast MRI: EUSOBI recommendations for women`s information”, publiziert in European Radiology in 2015 mit den Co-Autoren Prof. Dr. Ulrich Bick, Prof. Dr. Christiane Kuhl, Prof. Dr. Sylvia Heywang-Köbrunner und PD Dr. Eva Maria Fallenberg wurde als das meistzitierte Paper zum Thema Brust ausgezeichnet. Zudem konnte ich als Mitglied des EUSOBI-Programmplanungskomitees das Kongressprogramm für Athen aktiv mitgestalten. Interdisziplinär war die DRG 2018 auf der 39. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie in Stuttgart vertreten. Prof. Dr. Rüdiger Schulz-Wendtland gestaltete als langjähriger Präsident der DGS und Kongresspräsident den interdisziplinären Senologiekongress 2018. Hier wurde in einzigartiger Weise die Idee des Senologen, der alle beteiligten Disziplinen in der Diagnostik und Behandlung des Mammakarzinoms im Blick hat, demonstriert.

Planen Sie, auch auf kommenden Veranstaltungen eigene Akzente zu setzen?

In Zukunft möchten wir vor allem auf dem Deutschen Röntgenkongress die strukturierte Fortbildung für Mammadiagnostiker noch weiter ausbauen. Zusätzlich soll in der Zusammenarbeit mit internationalen Gremien die Möglichkeit geschaffen werden, weitere zertifizierungsrelevante Kurse zu besuchen. Hierzu bin ich zum Beispiel im EUSOBI-Planungskomitee des Ultraschallkurses und des vom 26. bis 27. Februar 2019 vor dem ECR stattfindenden Kurses „Mammography & beyond“, der die neuen Entwicklungen in der mammografischen Diagnostik behandelt, beteiligt. Auch arbeite ich daran, dass diese Kurse von der Akademie für Fort- und Weiterbildung in der Radiologie als Äquivalent anerkannt werden.

Das Zertifizierungsprogramm zur Dokumentation senologischen Spezialwissens ist auf dem 99. Deutschen Röntgenkongress 2018 gestartet. Können Sie nach den ersten Erfahrungen schon eine Einschätzung geben, wie Sie den Erfolg des Programms beurteilen?

Für eine endgültige Einschätzung des Erfolgs des Zertifizierungsprogramms Senologische Diagnostik ist es sicherlich noch zu früh. Insgesamt haben wir eine steigende Anzahl an Anträgen, besonders für die Stufen Q2 und Q3, die wir nach und nach überprüfen. Hier möchten wir auch noch einmal unsere AG-Mitglieder um ein bisschen Geduld bitten, da die Abläufe noch nicht eingeübt sind und die Anträge sorgfältig überprüft und diskutiert werden. Insgesamt müssen wir abwägen, ob die von uns initial gesetzten Kriterien für die einzelnen Stufen adäquat und erfüllbar sind oder nicht. Es ist nicht immer ganz einfach, eine ausgewogene Fallzahl in der multimodalen Mammadiagnostik abzuschätzen, da die Voraussetzungen im Mammografie-Screening und der Kuration sowie der Behandlung von mammadiagnostischen Patienten in der Klinik sehr heterogen sind. Auch sieht es so aus, als ob die Antragsteller teilweise noch nicht ausreichende Akademie-zertifizierte Fortbildungen nachweisen können. Möglicherweise ist langfristig noch einmal eine Anpassung der Fallzahlen notwendig. Diese wollen wir nicht zu überstürzt durchführen, um sicherzustellen, dass mit dem Zertifikat auch wirklich ein Qualitätsparameter garantiert ist, da die Zertifikate zunehmend von Gesellschaften wie der Deutschen Krebsgesellschaft bei der Zertifizierung von Krebszentren genutzt und gefordert werden. Hier hoffen wir auf die tatkräftige Unterstützung der Antragstellenden, indem sie sorgfältig alle erforderlichen Informationen in die Antragsformulare eintragen. Erstaunlicherweise haben wir bislang eine sehr niedrige Anzahl an Q1-Anträgen. Hier werden wir noch einmal mit Informationen vornehmlich an unsere jüngeren Kollegen herantreten. Insgesamt haben wir eine deutliche Zunahme der Mitgliedsanträge für die AG Mammadiagnostik, was ich indirekt als positives Zeichen für eine Weiterentwicklung in die richtige Richtung sehe.

Vor welchen Herausforderungen sehen Sie die Mammadiagnostik in den kommenden Jahren?

Nicht nur in der Mammadiagnostik, sondern in der gesamten Radiologie ist das Thema künstliche Intelligenz nicht mehr wegzudenken. Dies ist teilweise verknüpft mit der Sorge der Radiologen, wegrationalisiert zu werden. Das wird aber am ehesten mit den Radiologen passieren, die sich diesem neuen Thema verschließen. Für Radiologen, die diese neuen Methoden sinnvoll nutzen, sehe ich kein Problem. Unsere Aufgabe wird es daher sein, die Rolle der Mammaradiologie zu stärken. Ich sehe in der Nutzung von künstlicher Intelligenz – Stichwort Radiomics – große Möglichkeiten für uns Mammaradiologen, um den klinischen Kollegen im interdisziplinären Kontext wertvolle Informationen zu Tumorheterogenität, Tumoransprechen und Prognose, aber auch zur Optimierung der personalisierten Medizin und zur Früherkennung zur Verfügung zu stellen. Ich denke, die Bedeutung der Radiologie wird im interdisziplinären Kontext eher zunehmen als abnehmen. Nichtsdestotrotz müssen wir noch einige Überzeugungsarbeit, unterstützt durch nachhaltige wissenschaftliche Evaluation, leisten. Hier baue ich auf den Enthusiasmus der neuen Generation von Mammaradiologen.

Vielen Dank für das Gespräch!